Wie die Klimaziele zu erreichen sind

Klimaneutralität bis 2045 lässt sich nur durch konsequente Elektrifizierung und Digitalisierung erreichen, sagt der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) und fordert mutiges Handeln und eine langfristige Strategie.

Ende April hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass das Klimaschutzgesetz von 2019 teilweise nicht mit den Grundrechten vereinbar ist und die Bunderegierung beim Klimaschutz aktiver werden muss. Bei der Begründung des Urteils spielt die Zukunft der kommenden Generationen, unser Nachwuchs, eine große Rolle. Die Bundesregierung hat bereits entschieden, das Deutschland bis 2045 die Treibhausgasneutralität erreichen soll.

Nun hat sich der Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) bei seinem Jahreskongress, der Ende Mail digital stattfand, mit der neuen Situation beschäftigt. Der Verband sagt, dass aus Sicht der Elektroindustrie weiterhin ein klarer Fahrplan fehle, wie diese Ziele erreicht werden sollen.

Die Technik ist vorhanden

„Den Klimazielen muss jetzt dringend die Festlegung entsprechender Umsetzungsmaßnahmen folgen“, sagte ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel beim ZVEI-Jahreskongress. „Die Technologien haben wir, jetzt muss das Tempo angezogen werden. Die dringend nötigen Reformen müssen schnell beschlossen und umgesetzt werden, sonst bleiben die Beschlüsse nichts weiter als leere Klimaversprechen.“ Dieser Aufgabenstellung sei die Politik bisher zumeist ausgewichen. Das jetzt angekündigte Sofortprogramm ist allenfalls ein erster Schritt in die richtige Richtung, wird aber nicht ausreichen, um wesentliche Veränderungen herbeizuführen.

Klimaneutralität lässt sich nicht beschließen und auch nicht verordnen. Verzicht ist keine Lösung. Nur eine kluge, langfristig ausgerichtete Strategie und der Einsatz technischer Innovationen können aus Sicht Verbands dazu beitragen, dieses Ziel zu erreichen. Als Kern sieht der ZVEI die konsequente Elektrifizierung und Digitalisierung und benutzt dafür den Begriff „All-Electric-Society“. Kegel: „Die ‚Menschheitsaufgabe‘ Klimaschutz lässt sich nur mit Erfindungsgeist und mutigem, planvollem Handeln lösen.“

Drei Bestandteile des Konzepts

Der ZVEI meint, dass die nächsten Weichen schnell gestellt werden müssen und benennt hier drei Bereiche.

Erstens sollten „klare Preissignale“ gesendet werden, die Strompreise müssten gesenkt werden. „Das gesamte Dickicht aus Abgaben, Steuern und Umlagen muss auf den Prüfstand gestellt, die EEG-Umlage schnellstmöglich abgeschafft werden. Der CO2-Preis muss steigen und im besten Fall international – oder wenigstens innerhalb Europas – anerkannt sein“, so Kegel. Positiv wertet der ZVEI, dass der Klimapakt vorsieht, den CO2-Preis zur Absenkung der EEG-Umlage zu nutzen, die Unternehmen und Verbraucher belastet. „Das wird der Elektrifizierung zusätzlichen Schub verleihen.“

Zweitens sollen die Gebäude energiewendefähig werden. Sie bergen ein hohes Potenzial, den CO2-Ausstoss zu reduzieren. „Um ihre Rolle innerhalb der All-Electric-Society gewinnbringend ausspielen zu können, muss die Sanierungsquote, die seit Jahren bei einem Prozent stagniert, auf drei Prozent pro Jahr angehoben werden“, erklärte Kegel.

Drittens soll die Ladeinfrastruktur für Elektroautos stärker ausgebaut werden. Die kürzlich beschlossene Ladesäulenverordnung sieht der ZVEI kritisch, da sie den Ausbau eher hemme, statt ihn zu beschleunigen. Kegel: „Die Ladeinfrastruktur darf kein Flaschenhals bleiben. Das Ziel, bis 2030 eine Million öffentliche und teilöffentliche Ladepunkte in Deutschland zu haben, erreicht sich nicht von selbst und mit knapp 40.000 Ladepunkten sind wir noch meilenweit vom Ziel entfernt.“ Die sechs Milliarden Euro, die die Bundesregierung zum Ausbau der Ladeinfrastruktur bis 2025 zur Verfügung stellt, müssten deshalb schnell investiert werden.